Straßen/Streunertiere

Eines der „heissen Eisen“, die ich anpacken möchte.

Nicht alle Hunde im Süden müssen und vor allen Dingen wollen gerettet werden. Ich differenziere da durchaus, es gibt kein „Schwarz oder Weiss“, kein grundsätzliches „Retten“ oder „Nicht-Retten“.

Absolut selbstverständlich ist, dass Tieren, die definitiv in Not sind, weil verletzt oder krank, geholfen wird, das stelle ich mit diesem Bericht nicht in Frage!

Ich weiss, dass es unpopulär und wenig geschäftstüchtig für eine Tierkommunikatorin ist, nicht in das „Tierschutz-Horn“ zu diesem Thema zu stoßen, aber es sind mir dafür zu viele Fälle begegnet, bei denen die importierten Tiere hier nicht glücklich sind und nicht zurechtkommen. Weitaus lieber ihr Leben mit Risiken, aber in Freiheit weiter gelebt hätten. Tiere haben keine Angst vor dem Tod (nicht zu verwechseln mit Überlebensinstinkt natürlich!), und vielen ist ein kurzes Leben in Freiheit lieber als uralt zu werden als Couch-Potatoe oder in der hiesigen Welt nicht zurechtkommen zu können und ständig Stress zu empfinden. WIE das Leben ist, das hat oberste Priorität für sie, nicht wie LANGE es dauert.  Dieses Art von freiem Leben hat Anspruch auf Schutz, so gut es irgend möglich ist, das ist selbstverständlich.

Gefährdet sind Hunde hier mittlerweile ebenso – die Giftköder-Seiten im Internet sind voller roter Punkte, die die Orte kennzeichnen, an denen Gift- oder andere todbringende Köder ausliegen. Und all die schlimmen Dinge, die Tieren „im Ausland“ geschehen, passieren hier ebenso. Meist hinter verschlossenen Türen, nur gelegentlich kommen die Dinge ans Licht.

Nach meinen Erfahrungen sind es meist Hunde, die selbst noch viel „Zivilisationshunde“-Abstammung, wie ich es gerne bezeichne, sprich  meist Rassehund-Gene haben, die das Leben auf der Straße tauschen möchten gegen Sicherheit gepaart mit Einschränkung. Hunde, deren Vorfahren schon seit Generationen auf der Straße lebten, kommen damit häufig weit weniger gut zurecht.

Ebenso selbstverständlich sollte unterschieden werden zwischen Hilfsorganisationen, die denjenigen Tieren helfen, die es wirklich brauchen (kranke, verletzte z.B., und auch bei diesen ist es immer zu klären, ob ihnen nicht im Land geholfen werden kann, was weit öfter der Fall ist, als uns hier bekannt gemacht wird), und solchen sogenannten Tierschutz-Organisationen, die lediglich gesunde Streunertiere regelrecht einsammeln und nicht selten sogar vermehren!!!, um sie hier gewinnbringend zu verkaufen. Diese schwarzen Schafe unter den Tierschützern bringen die ehrlich arbeitenden Organisationen oder auch Privat-Initiativen in Verruf.

Wie gesagt, es gibt Tiere unter diesen großartigen Streunern, die gerne Haushunde werden, jedoch die meisten, wenn sie als Straßentier geboren wurden und die Generationen vor ihnen auch, möchten  aus diesem Leben das Beste machen und nicht eine andere Existenz aufgezwungen bekommen. Häufig sind es Hunde, deren Vorfahren in erster und zweiter Generation noch Haushunde waren, die für ein Leben als Zivilisationshund bei uns in Mitteleuropa, ohne die Möglichkeit zum Streunen, geeignet sind. Wenn die Vorfahren vieler Generationen bereits als Straßenhunde lebten, bedeutet es häufig sehr viel Stress für diese Hunde, in menschliche Denk- und Lebensstrukturen, in geschlossene Räume und in die hiesige Reizüberflutung eingefügt zu werden.

Nein, sie sind nicht zwangsläufig „ewig dankbar“, wenn sie aus ihrer Welt zu uns gebracht werden.  Viele von ihnen sind anders, wirklich anders als Hunde, deren Vorfahren seit vielen Generationen eng mit den Menschen zusammenleben, diese sind durch ihr Leben und das ihrer Ahnen genetisch geprägt auf Zusammenarbeit und Zusammenleben mit Menschen. Alles im Zellgedächtnis der seit Generationen streunenden Tiere ist hingegen auf „Überleben“ programmiert, auf eigenständiges Existieren, und nicht auf „der Mensch sorgt für mich“. Es steckt in ihren Genen, dieses „Ich kann auch ohne Menschen überleben, ich BRAUCHE die Menschen nicht, ich WILL dieses Leben in Menschenhand nicht“. Wir können sie nie besitzen – und wir sollten es nicht beabsichtigen.

Auch mit Tierkommunikation ist solch ein  Tier nicht umzuprogrammieren, anzupassen an die menschlichen Vorstellungen, wie ein Hundeleben ablaufen sollte. Dies ist nicht der Sinn der Tierkommunikation. Der „Menschenkommunikation“ übrigens ebenfalls nicht, Menschen sind ebenfalls dank Genen und Zellen geprägt und haben unterschiedliche Ideen über Lebensführung – es gibt z.B. die ausgesprochenen Stadtmenschen und solche, die weitab in der Natur leben aus Überzeugung.

Die Erfahrungen meiner Lebensjahre in Griechenland haben mich darin bestärkt. So viele lustige, lebensfrohe, eigenständige und selbstbestimmt lebende Streunerhunde. Sie sagen oft „füttere mich bitte“ oder „ich brauche Wasser“, sehr selten „rette mich“ – es wird oft missverstanden. Viele haben dort „ihre“ Menschen, „ihre“ Tavernen, wo sie gefüttert werden und auch durchaus Streicheleinheiten erhalten, falls sie es wünschen. Sie wissen aber, dass sie jederzeit wieder gehen können – und wiederkommen. Und sie wissen, dass sie nicht abhängig davon sind, weder vom Futter noch von den Streicheleinheiten.

DAS muss meines Erachtens ein sinnvoller und vor allem achtsamer Tierschutz bewirken und fördern – zum Teil zusammen mit Sterilisation  oder Kastration (wobei ich Ersterem den Vorzug gebe, Kastration bedingt manchmal andere Probleme im Rudelgefüge der Streunertiere) und nötiger medizinischer oder naturheilkundlicher Betreuung.

Die Berichterstattung seitens vieler Tierschutz-Organisationen ist oft sehr einseitig. Lediglich die Berichte über die böswilligen Menschen im Süden. Ich habe viele Griechen und Griechinnen kennengelernt, die ihre (Streuner)Tiere sehr lieben, alles für sie tun und sich um Straßentiere kümmern, durchaus auch mit ihnen zum Tierarzt gehen, einige dieser Tierärzt/innen und viele Amtstierärzt/innen behandeln Straßentiere gratis und ebenso gut wie mitteleuropäische Tierärzt/innen. Warum wird darüber nicht berichtet?

Wenn es bei uns streunende Hunde gäbe – nicht auszudenken, wie viele Menschen darauf reagieren würden, ganz sicher nicht besser, als es in anderen Ländern der Fall ist. Es gibt hier, genau vor unserer Haustür, genügend Notwendigkeiten, Tierschutz zu praktizieren, leider werden davor oft die Augen verschlossen, weil es mehr kosten würde als einen Mausklick oder eine Geldspende, ganz konkret tätig zu werden. Es könnte unangenehm werden oder Ärger verursachen. Wir verhalten uns höchst unfair, wenn wir Menschen anderer Nationalitäten be- und verurteilen.

Wir Menschen dürfen diese frei, halbwild geborenen Tiere nicht entmündigen (so sehr unterscheiden sie sich nicht von Wildtieren, und diese werden nicht eingefangen und „zwangsbeglückt“ mit dem Argument, dass ihnen so nichts passieren kann), sie möchten ihre Selbstbestimmtheit behalten und eigene Entscheidungen treffen. Sie sind durchaus in der Lage, selbstverantwortlich zu handeln – dieser Aspekt des Tierschutzes wird meines Erachtens viel zu wenig berücksichtigt, und dieser Respekt, diese Achtung gebührt den Streunern. Ich habe Hochachtung vor ihnen. Sehr viele Menschen träumen von einem „Leben in Freiheit“ – die damit verbundenen Risiken gehen sie nicht ein. Diese Tiere schon. Ihnen das bewusste Handeln abzusprechen und ihre Entscheidung für dieses Leben, wäre bevormundend. Diejenigen, die wirklich ein Leben mit Einschränkungen, aber den Vorteilen eines „Haushundes“ führen wollen, signalisieren das sehr deutlich, es sind  nicht sehr viele. Wie erwähnt, bitte nicht mit den Anfragen nach Futter verwechseln … Es ist zu sehr übergestülpte Vermenschlichung, wenn wir jedes frei streunende Tiere „bedauern“ und glauben, dass es unbedingt ein Leben in einem Haus und mit all den damit verbundenen Einschränkungen vorzieht.

Natürlich erlebe ich, dass es Streunertiere gibt, die sich für ein Leben als Haustier entscheiden, mit eingeschränkter Freiheit, dafür ein Dach über dem Kopf und gesichertes Futter. Es sind weniger, als die effektheischenden und teilweise erfundenen Geschichten in den unzähligen Rundmails glauben machen wollen. Eine große Zahl dieser Tiere, und gewiss die menschenscheuen unter ihnen!!, würden sich dagegen entscheiden, WENN sie gefragt würden. Viele sind allein schon durch den Prozess des Einfangens mit folgendem Eingesperrtsein und Transport traumatisiert, von den massiven Belastungen für Körper und Seele durch Kastration, Impfung, Wurmkur, alles „in einem Aufwasch“, ganz zu schweigen. Diejenigen der Streunertiere, die regelrecht Angst vor den Menschen haben, nie zu ihnen gingen, um sie anzubetteln, trifft dies sicher am meisten. Sie sind oft schwer gestört, wenn sie in unserer Zivilisation ankommen und das bleibt meistens so für den Rest ihres Lebens. Sie können in ihrer Welt, aus der sie wirklich höchst unsensibel herausgerissen wurden, sicher stressfreier existieren. Und doch erwarten viele Menschen, die gewiss nur das Beste für sie wollen, dass Liebe und Zuwendung all das ausgleicht – die Realität sieht oft anders aus. Manche erwarten gar Dankbarkeit – wofür??

Selbst die nicht menschenscheuen dieser Tiere bleiben frei geborene Streuner, und die meisten werden nicht „aus Dankbarkeit“ das Herumstreunen und Jagen aufgeben.

Ich will und kann nicht grundsätzlich negieren, dass Dinge geschehen mit Tieren, die nun wirklich nicht gutzuheissen sind. Es ist kaum überprüfbar, welche dramatischen Rundmails der Wahrheit entsprechen und welche nicht, daher ist nach meiner Überzeugung ein Tätigwerden in Einzelfällen, die uns oft genug begegnen und die nachzuweisen sind, am sinnvollsten.

Es ist dieses Gefühl des „Gebrauchtwerdens“, das gutmeinende Menschen manchmal über das Ziel hinausschießen lässt. Von den unseriösen Organisationen, deren Zielsetzung dem Profit gilt, ganz zu schweigen. Unter diesen leiden die differenziert denkenden und handelnden Tierschützer.

Eine kleine Straßenhündin, die bei  mir in Griechenland lebte (die freiheitsliebendste von allen, sie wollte nicht mal im Winter nachts ins Haus, hatte sich lieber draußen ein warmes Plätzchen gesucht), wurde von „Tierschützern“ einfach „einkassiert“. Sie war klein, jung, bezaubernd charmant und gesund – also schnell vermittelbar. Sie verschwand unauffindbar, als Tierschutz-Autos in der Umgebung gesehen wurden. Als „Zivilisationshund“ ist sie mit Sicherheit nicht glücklich. So sind meine selbst erlebten Erfahrungen, und kaum jemand berichtete bisher von solchen Erlebnissen.

Günther Bloch hat dieses Thema sehr differenziert und meines Erachtens sehr vernünftig aufgegriffen in seiner Studie eines halbwild lebendes Rudel in der Toskana und im Buch „Die Pizza-Hunde“. In der entsprechenden DVD kann man sehen, wie sich Hunde verhalten, bei denen der Mensch kaum eingreift – höchst spannend, interessant und berührend.

Wir haben die Pflicht, unsere domestizierten Tiere, zu denen ich die halbwilden Straßentiere nicht zähle, durch unsere Zivilisation zu führen, natürlich – sie führen uns zu uns selbst. Manche dieser Straßentiere brauchen unsere Fürsorge, nicht alle jedoch nicht unsere Wohnungen in Mitteleuropa.

 

 

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